Erster Entwurf des Manifestes:

 

AUF DEM WEG ZUR ÜBERWINDUNG DES SEXISMUS

Wenn wir darin übereinstimmen, dass die Kategorie Geschlecht ein patriarchales Herrschaftsinstrument ist, anhand dessen Privilegien verteilt und vorenthalten werden; und wenn wir ein gemeinsames Interesse an der Zerschlagung der Instrumente der Herrschaft haben; was hiesse dann die Zerschlagung der Kategorie Geschlecht? Deren Abschaffung, Auflösung, Verschiebung, Dezentrierung oder viel besser noch: deren Vervielfältigung? Und wie, wenn wir davon ausgehen, dass das, was die Kategorie Geschlecht in ihrer Herrschaftsstruktur bestimmt --ihre Zweigeschlechtlichkeit -- in all ihrer
Wirkmächtigkeit sich zersetzen liesse oder zum bersten gebracht werden könnte durch zahlreiche Geschichten, Schilderungen, Beschreibungen, Klassifikationsdarstellungen davon, dass längst andere Welten der vielen und vielfältigen Geschlechter existieren?

Ein Vorschlag also, der bis zur endgültigen Entkoppelung von Machtverhältnissen und Geschlechtszugehörigkeit(en), und besonders zum 8. März gilt: Gemeinsamer Kampf all derer, die aufgrund ihrer mehr oder weniger freiwilligen, selbstgewählten oder zugewiesenen Zugehörigkeit zur Kategorie Frau benachteiligt, unterdrückt und ausgebeutet werden. Darüberhinaus: Respekt vor allen, die in keine Kategorie passen oder passen wollen. Respekt vor unserer Vielschichtigkeit und Vielfalt. Respekt vor uns selbst. Kampf der Normierung und Normalisierung!

Deshalb: Weg mit allen Gesetzen, die uns aufgrund unseres Geschlechts normieren!

 

ERSTER ENTWURF EINER PETITION ZUR ÜBERWINDUNG
DER GESCHLECHTLICHEN ZWANGSORDNUNG

JedeR hat das Recht auf freie Wahl des eigenen Geschlechts, auf uneingeschränkteWahrNehmung des eigenen Geschlechts und Ausdruck aller geschlechtlichen Empfindungen. Geschlechtskonformität darf kein Kriterium für die Achtung oder Missachtung von Menschen sein. Doch die geschlechtliche Zwangsordnung (der Sexismus) weist uns in das Korsett des uns zugeordneten Geschlechts und diffamiert alle geschlechtlichen Abweichungen als Störung und Krankheit.

Der sexistische Staat zwingt uns, das von ihm zugeordnete Geschlecht in unseren Dokumenten auszuweisen und verbietet uns Namen zu tragen, die diesem Geschlecht nicht entsprechen. Wer einen anderen Namen oder ein anderes Geschlecht ausweisen möchte, muss sich einer Zwangstherapie und einer geschlechtsanpassenden Operation unterziehen. Damit ist der Staat der oberste Verwalter des Sexismus. Wir brauchen die geschlechtliche Zwangsordnung nicht mehr. Lasst uns unsere Geschlechtlichkeit selbst wählen, ausdrücken und leben, frei von jeder sexistischen Diskriminierung und Diffamierung.

- Recht auf freie Definition der eigenen Geschlechtlichkeit.
- Streichung der Geschlechtsdiskriminierung in amtlichen Papieren.
- Freie Namenswahl unhängig von Herkunft, Religion und Geschlecht

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Seit Oktober 2000 trifft sich in regelmäßigen Abständen, in wechselnden Besetzungen und an unterschiedlichen Orten eine Gruppe von Trans/Bio/Frauen/Lesben/Leuten, um über unterschiedliche ebenso wie gemeinsame Vorstellungen von Geschlechter- und Begehrenspolitiken zu diskutieren. Dieser kurze Text zum achten März gibt Positionen aus der Gruppe wieder.

Eva Fels, Claudie Goutrié, Johanna Schaffer